Digitaler Euro: Datenschutz & Demokratie

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Im Rahmen meiner Tätigkeit in einem Diskursprojekt zu „Demokratiefragen des digitalisierten Finanzsektors“ am Zentrum verantwortungsbewusse Digitalisierung (ZEVEDI) beschäftige ich mich unter anderem mit dem „Digitalen Euro“. Dabei geht es um die Einführung eines digitalen Zentralbankgelds für Bürger:innen durch die Europäische Zentralbank (EZB), gewissermaßen äquivalent zum Euro als Bargeld. Nur dabei handelt es sich um öffentliches Geld, während unsere digitalen Bezahloptionen bislang ausschließlich von privaten Zahlungsdienstleistern angeboten werden. Die Europäische Kommission hat dazu einen Vorschlag zum rechtlichen Rahmen vorgelegt, der nun im politischen Prozess verhandelt wird. In diesem entscheidet der europäische Gesetzgeber über den Rechtsrahmen. Insofern handelt es sich um einen Politikprozess mit derzeit offenem Ausgang und unklarem Zeithorizont. Die generelle Ausgestaltung wird zwar nun festgelegt, aber über diverse Details und die eigentliche Einführung entscheidet im Anschluss die EZB.

Zum Verfahren auf EU-Ebene: Die Abstimmung im Rat der Mitgliedstaaten erfolgt mit qualifizierter Mehrheit. Das bedeutet, dass mindestens 15 Staaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung zustimmen müssen. Im Europaparlament reicht eine einfache Mehrheit. Die Parlamente der EU-Mitgliedsländer haben den Legislativvorschlag der Kommission zur selben Zeit wie das Europäische Parlament und der Rat erhalten, sodass sie nun mit einer Stellungnahme darauf reagieren können. Darüber hinaus steht jeder und jedem die Kommentierung des Verordnungsentwurfs auf einer Online-Plattform der Europäischen Kommision offen. Diese Option habe ich mit der Leiterin des Projekts eFin & Demokratie, Petra Gehring, und Carola Westermeier, einer Sozialwissenschaftlerin aus unserem Netzwerk, wahrgenommen. In unserer Rückmeldung adressieren wir einen spezifischen Aspekt des Umgangs mit personenbezogenen Daten, den wir bislang für defizitär ausgeführt und nicht ausreichend geregelt erachten. Hier unsere am 8.8.2023 eingereichte Stellungnahme (hier auch als PDF sowie in Englisch):

Der digitale Euro als digitales Zentralbankgeld (Retail CBDC) wird kommuniziert als ein Zahlungsmittel, das dem Bargeld in vieler Hinsicht äquivalent sein soll. Öffentlich – und gerade aus Sicht der Bürger:innen – stehen „Privatsphäre und Datenschutz“ (Artikel 34 bis 36) sowie die „Verarbeitung personenbezogener Daten durch Anbieter von Unterstützungsdiensten“ (Anhang V) ganz besonders im Fokus. Die Ausführungen hierzu sollten jedoch konkreter sein. Nur dann sind sie nachvollziehbar genug, um deutlich zu machen, wie weit die Äquivalenz zum Bargeld tatsächlich gegeben ist.

  1. DATENVERWENDUNGSVERBOT AUCH FÜR ZAHLUNGSDIENSTLEISTER. Mehrfach wird die konkrete Verwendung von personenbezogenen Daten lediglich für die EZB und nationale Zentralbanken spezifiziert. Es werden aber keine Aussagen zur Verwendung von Daten durch Zahlungsdienstleister getroffen. Soll der digitale Euro als öffentliches Geld/Gut konzipiert sein, sollten auch Zahlungsdienstleister personenbezogene Daten und individuellen Datenspuren nicht weitergehend nutzen dürfen als EZB und nationale Zentralbanken.
  2. DATENVERMARKTUNGSVERBOT IN ART. 37. In Ergänzung zu Artikel 37 „Rahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ sollte den Geschäftsbanken und anderen Zahlungsdienstleistern die Nutzung von personenbezogenen Daten für andere Zwecke explizit untersagt werden. Konkret sollte sowohl ein Datenvermarktungsverbot (keine Weitergabe an externe Dritte) als auch ein Verbot der internen Datenauswertung (keine Datennutzung zu eigenen Geschäftszwecken) formuliert werden.
  3. TRANSPARENTE UMSETZUNGSKONTROLLEN. Die Umsetzung der Vorgaben zum Umgang mit personenbezogenen Daten und Datenspuren sollte auf Seiten der nationalen
    Zentralbanken und Zahlungsdienstleister geeigneten Kontrollverfahren unterliegen, etwa einer Auditierung (mit Reports) durch unabhängige Expertise. Die Reports sollten einer breiten Öffentlichkeit nachvollziehbar kommuniziert werden. Solche prozeduralen Arrangements ergänzen das anspruchsvolle Design digitalen Zentralbankgelds als Digital Public Infrastructure. Sie sind auch ein weiterer Grund für die Attraktivität und Akzeptanz des digitalen Euro als Zahlungsoption.

Für Hintergründe zum digitalen Euro sowie den damit verbundenen Demokratiefragen siehe auch die Beiträge in unserem Blog sowie unseren Podcast Digitalgelddickicht.