„Doch die Differenzierung von kommunikativem Gedächtnis der Zeitgenossen und kulturellem Gedächtnis der Nachgeborenen wird durch kommunikationstechnologische Innovationen nicht nur dynamisiert: Bereits heute können wir mit den in Datenbanken verfügbaren digitalisierten Aufzeichnungen von Zeitzeugeninterviews virtuell ins Gespräch kommen: Auf die Eingabe eines Suchwortes folgt die Angabe einschlägiger Stellen, die sich direkt wiedergeben lassen. Spätestens wenn wir mit diesen Archiven nicht mehr über konventionelle Interfaces interagieren, sondern sie auf Spracheingabe und semantische Suche mit der Wiedergabe einschlägiger Sequenzen reagieren, muss sich die politische Bildung nicht mehr nur auf das Ende der Zeitzeugenschaft einstellen, sondern auch darauf, dass dieses Ende relativiert wird.„
Mit diesem Statement endeten manche meiner Vorträge in den letzten Jahren, wenn ich zum Thema „Erinnerungskultur 2.0“ eingeladen war. Häufig folgten darauf eher zweifelnde Nachfragen (vgl. die per Video dokumentierte Diskussion bei einer Konferenz 2011) und kritische Kommentare: Das war doch für viele Zuhörer eher Science Fiction als ein ernstzunehmender Beitrag zur Debatte um die Zukunft der Erinnerung an den Holocaust. Nun muss ich eine Ergänzung in meine Präsentation einfügen:
Dreidimensionale Hologramme von Holocaust-Überlebenden wie im obigen Video sind noch nicht verfügbar, aber nach Angaben der Verantwortlichennur noch eine Frage von wenigen Jahren. Der kürzlich präsentierte zweidimensionale Prototyp von Pinchus Gutter ist das Ergebnis einer Kollaboration von zwei Einrichtungen der University of Southern California unter dem Titel „New Dimensions in Testimony„:
„Certainly it will be within five years, said Stephen Smith, the Shoah Foundation’s executive director, and Paul Debevec, associate director of the university’s Institute for Creative Technologies, which is creating the hologram project’s infrastructure.“
Eine prägnante Darstellung des Projekts bietet Leslie Katz und einen pointierten Diskussionsbeitrag liefert Julie Z. Rosenberg unter dem Titel „Holy Holograms, Batman“ in ihrem Blog „Googling the Holocaust“.