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#OurSpeech: Crowdsourcing einer Rede

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Die demokratische Abgeordnete Maxine Waters hat gestern im US-Kongress die erste Rede gehalten, die per Crowdsourcing  kompiliert wurde. Mitte Oktober reagierte Waters auf die ihr im Kontext von Obamas Job-Initiative sowie den Occupy-Wall-Street-Protesten durch soziale Medien übermittelten Befindlichkeiten von Bürgern und kündigt folgendes an:

„Therefore, during the week of October 24th, I will read a speech on the floor of the U.S. House of Representatives (#ourspeech), composed entirely of your words in posts from my Twitter and Facebook  feeds that you post between now and Sunday midnight.“ (Pressemitteilung)

Das Ergebnis von Einsendungen einerseits und Auswahl andererseits kann sich sehen lassen:

Das politische  Patchwork erschließt sich in der schriftlichen Dokumentation der Rede, in der die Beitragenden genannt werden (Auszug):

Sicher funktioniert die Vorgehensweise vor allem als intelligente PR-Maßnahme. Aber immerhin findet hier überhaupt eine weitergehende Auseinandersetzung mit den Kommentaren statt, die mittels sozialer Medien an Politiker herangetragen werden. Die normale Situation ist doch, dass die Nutzer dieser Angebote dort zwar Dampf ablassen können, die Äußerungen den Adressaten allerdings nicht erreichen. Von einer systematischen Auswertung oder gar einem feedback ganz zu Schweigen. Insofern stellt #OurSpeech eine durchdachte Ausnahme in Sachen community management dar.

#AskObama: Die Twitter-Townhall

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Während Sigmar Gabriel heute in Berlin die Frage diskutiert „Wozu noch Parteien in Zeiten sozialer Medien“, veranstaltet das Weiße Haus die erste Twitter-Townhall mit dem US-Präsidenten. Dieser Event steht einerseits in der Kontinuität des Einsatzes sozialer Medien in Wahlkampf- und Regierungskommunikation, markiert aber andererseits einen weiteren Bedeutungszuwachs, der seitens Obamas Kommunikationsstrategen zumindest symbolisch dem Format „Twitter“ zugemessen wird. Nachdem er im Gegensatz zu vielen anderen Politikern bekannt hatte, die Kurznachrichten unter @BarackObama nicht selbst zu verfassen, twittert er seit dem 17. Juni gelegentlich selbst (Tweets from the President are signed -BO.), und seit dem 4. Juli ist auch das Büro von Vizepräsident Biden (@VP) am Start.

Nachdem am 20. April Facebook der Partner des Weißen Hauses für ein Townhall-Format war, bietet heute um 20 Uhr MEZ Twitter dem Präsidenten ein Podium sowie dem Publikum einen Kanal, um mit dem Hashtag „#AskObama“ versehene Fragen zum Thema Jobs und Ökonomie zu stellen. Die eigentliche Veranstaltung findet dann im Weißen Haus statt und wird per Livestream auf der dafür eingerichteten Plattform askobama.twitter.com übertragen.

Diese Konfiguration von Hinter- und Vorderbühne hat in den einschlägigen US-Blogs bereits eine Diskussion zur Bewertung des Formats respektive seiner Aneignung durch die Nutzer ausgelöst. Vor dem Hintergrund der prominenten Positionierung des Twitter-Mitgründers Jack Dorsey im Veranstaltungsablauf stellte die bis vor kurzem bei techPresident tätige Nancy Scola im Altantic einige wichtige Fragen zu dieser public-private-partnership:

„What does the White House-Twitter partnership mean when Twitter gets hauled up to Capitol Hill to explain its privacy policy, or comes under federal investigation for its business practices? Does questioning from Jack Dorsey start to look like a replacement for questioning from experienced journalists like, say, CNN’s John King? Will we next see AT&T CEO Randall L. Stephenson demanding an equal shot at the mic? Do tools like Facebook and Twitter that were once heralded as means by which we can open up the political process become simply new ways for business executives to get the ear of the president?“

Ein anderer Aspekt, auf den sich die Debatte frühzeitig fokussierte, war die Auswahl der Fragen. Dazu vermeldete Jennifer Preston im NYT-Blog Media Decoder zunächst:

„Twitter will select the questions, using curation tools and a group of Twitter users to help identify the most popular questions raised both before and during the event. Twitter will be relying on its own search and curation features as well as a company called Mass Relevance to help find questions and topics that are most frequently mentioned.“

Diese technische Lösung werde durch ein Team von Kuratoren ergänzt:

„Adam Sharp, Twitter’s manager of government and political partnerships, said that the curators chosen by Twitter to help select the questions would be a politically and geographically diverse group. He said the curators would ask the people in their communities to highlight what they think are the most important questions for the president to address.“

Inzwischen wurde die Vorgehensweise im Twitter-Blog elaboriert:

„Questions addressed during the Town Hall will be selected both in advance and in real-time during the event. To narrow down the list of popular, relevant questions to ask on behalf of Twitter users, we’re doing the following:
• We’ve partnered with Mass Relevance to curate, visualize and integrate conversations for the event.
• Algorithms behind Twitter search will identify the Tweets that are most engaged with via Retweets, Favorites and Replies.
• A team of seasoned Twitter users with experience discussing the economy will help flag questions from their communities through retweets.“

Dazu hat @townhall eine öffentliche Liste mit acht der Kuratoren erstellt (Von Interesse könnte auch die Selbstbeschreibung von @townhall sein, da sie weitere Veranstaltungen dieser Art verheißt: „Official account for Twitter hosted town halls.“).

Vor dem Hintergrund eines intransparenten Auswahlprozesses problematisiert bei techPresident die für solche Formate entscheidende Frage des Feedbacks:

„In theory, if enough people are watching during the live event, and Obama really starts to filibuster (as he usually does), users could spread an #answerthequestion hashtag alongside the #askobama official tag, and that bit of feedback must ~might~ influence the course of the discussion, or the post-„townhall“ coverage.“

Colin Delany hat bei e.politics bereits Aktivitäten der Nutzer zur Intervention beobachtet, und verweist u.a. auf die via Facebook verbreitete Initiative „#AskObama About Alleged Wikileaker PFC Manning at the Twitter Townhall“. Neben der eigenmächtigen Aneignung des Formats durch die Nutzer, kann Sifry sich auch die angebotsseitige Integration von Partizipationsoptionen vorstellen:

„It wouldn’t be that hard for Twitter to fix this if they want. Its search tool already filters for rudimentary expressions of approval or disapproval (try searching for „#askobama :)“ or „#askobama :(.“ Of course, this kind of sentiment analysis is much too blunt an instrument to use. But imagine if Dorsey said tomorrow that after each Obama answer, he wanted Twitter users to tweet a simple Yes or No along with the hashtag „#didObamaanswerthequestion.“ Timestamps could take care of the rest.“

Es deutet sich also an, dass auch bei der Twitter-Townhall das aus der Perspektive politischer Kommunikation interessierende Geschehen nicht nur auf der Vorderbühne spielt, sondern das Netz insgesamt als relevanter Resonanzraum fungiert.

Update: So sieht das dashboard unter obama.twitsprout.com die Lage um 18 Uhr MEZ:

Postjournalistische Praktiken

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Unter diesem Titel frage ich bei einer Fortbildungsveranstaltung zur Analyse von Herausforderungen für die Mediendemokratie aus Sicht von Gewerkschaften, Parteien und politischen Stiftungen am 13. Mai 2011 in Berlin, ob WikiLeaks, Twitter & Co eine globale fünfte Gewalt konstituieren. WikiLeaks und Twitter stehen dabei als Platzhalter für Phänomene, die den etablierten Massenmedien und ihren normativen Ansprüchen hinsichtlich einer demokratischen Kontrollfunktion Konkurrenz machen. Gleichzeitig hat WikiLeaks aber auch als Katalysator für den investigativen (Daten-)Journalismus fungiert. Dessen Ethos manifestiert sich in Plattformen für whistleblower ebenso wie in der kollaborativen Plagiatsdokumentation GuttenplagWiki.

Twitter hingegen fungiert hier als Synonym für soziale Medien und steht damit für die diversen Formen der Demokratisierung von Echtzeitkommunikation in sozialen Netzwerken sowie die virale Verbreitung von Audio-, Foto- und Videodokumenten. Dieser Entwicklung korrespondiert wiederum die Konjunktur des Kuratierens von social media content als Format des Online-Journalismus (vgl. „Storify this!“). Insofern verstehe ich das Verhältnis von vierter und fünfter Gewalt nicht sozialromantisch als Dichtomie von Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit, sondern als Konkurrenz, die bekanntermaßen das Geschäft belebt.