Paradoxien der Personalisierung

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Das linke Lager ist dabei geblieben, die hessische Landtagswahl zu einer Abstimmung über die Person des Ministerpräsidenten und die Bilanz seiner zehnjährigen Amtszeit zu machen. Dies dokumentieren großformatige Wahlplakate der SPD ebenso wie die unisono vorgetragene Parole, mit Koch sei weder eine große Koalition noch ein Bündnis unter Berücksichtigung der Grünen denkbar. Auch Social-Media-Aktivisten agieren in diesem Sinne, wenn sie via tweet-tagging („#kochmussweg“) eine Mobilisierungs-Kampagne neuen Typs intendieren (vgl. Clemens Lerche). Auf diese Konstellation reagiert die CDU, in dem sie sich einen rot-grünen Vorwurf aus dem letzten Landtagswahlkampf zu eigen macht. Damals führte der von der CDU plakatierte Aufruf „Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen!“ zu erbosten Reaktionen der angesprochenen politischen Gegner. Dieses Motiv nimmt nun die CDU auf und skandalisiert ihrerseits eine „Schmutzkampagne“. Dazu CDU-Generalsekretär Michael Boddenberg: „Auch zahlen sich die wiederholten Versuche nicht aus, den erfolgreichen und kompetenten Ministerpräsidenten Roland Koch zu diffamieren und persönlich anzugreifen. Dieser unanständige Wahlkampfstil stößt die Menschen ab.“ (CDU-Homepage) Dies hindert Boddenberg aber nicht daran, noch in der selben Meldung von der „Ypsilanti-SPD“ zu sprechen. Wer den Newsletter der Hessen-CDU abonniert, weiß darüber hinaus, dass es sich dabei um einen etablierten Textbaustein handelt, denn dort wird dieses Personalisierungsmotiv wiederholt verwendet. Damit attackieren die Christdemokraten die Positionierung des Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel (TSG) als brand new/new brand (zu Paradoxien des Vergleichsmaßstabs „Obama“ siehe einen Beitrag von Christoph Bieber), der nur zu Beginn und Ende der Kampagne gemeinsam mit Ypsilanti präsentiert wird. So taucht die in der politischen Öffentlichkeit derzeit weitgehend unsichtbare sozialdemokratische Landes- und Fraktionsvorsitzende schließlich primär in der christdemokratischen Wahlkampf-Kommunikation auf.